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Zum Thema Familienrecht
- Freier Wille: Persönliche Ablehnung eines geeigneten Betreuers muss respektiert werden
- Keine Härtefallscheidung: Außereheliche Schwangerschaft ist keine unzumutbare Härte für die Schwangere selbst
- Nachweis akuter Gefahr: Keine zweijährige Zwangsbehandlung von psychisch Kranker ohne konkreten Gefährdungsgrad
- Nicht leibliches Kind: Nach Trennung ist sozialer Vater im Umgang nicht rechtlos
- Unveräußerbares Kindeswohl: Regelung zu Vertragsstrafe in Umgangsvereinbarung ist unwirksam
Wer seine Angelegenheiten nicht (mehr) selbst besorgen kann, weil er dement oder geistig oder psychisch eingeschränkt ist, bekommt einen gerichtlichen Betreuer beigeordnet, wenn er niemanden aus der Familie bevollmächtigt hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste entscheiden, ob der Wille der Betroffenen oder eine objektive Betrachtung der Situation Antwort auf die Frage geben soll, ob und inwieweit die Befugnisse eines Berufsbetreuers erweitert werden.
Eine knapp 40-jährige Frau hatte schon Jahrzehnte eine solche Betreuung, weil sie unter dem Asperger-Syndrom litt. Der Berufsbetreuer, der sich bislang nur um ihre Post und ihr Geld zu kümmern hatte, wollte nun auch die Gesundheitsfürsorge übernehmen, nachdem die Frau einen Konflikt mit ihrer Krankenkasse nicht selbst lösen konnte und deshalb ein Verfahren am Sozialgericht lief. Die Betreute wollte aber in diesem Bereich lieber durch ihre Mutter vertreten werden.
Gegen den freien Willen eines Volljährigen darf kein Betreuer bestellt werden (§ 1814 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Das umfasst - so der BGH - nicht nur die Betreuung als solche, sondern auch die Betreuungsperson. Wenn eine Betroffene ausdrücklich eine Betreuungsperson wünscht und das ihr "freier Wille" ist, muss das Gericht dies berücksichtigen. Für einen "freien Willen" bedarf es dabei nicht einmal der Geschäftsfähigkeit. Die beiden entscheidenden Kriterien hierfür sind zum einen die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und zum anderen dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen. Das Gericht darf dann auch nicht prüfen, ob es objektiv vorteilhafter wäre, dass ein Berufsbetreuer sich kümmert, weil er es besser kann - der "freie Wille" ist höherrangig gegenüber objektiven Vorteilen. Deshalb war es nun hier an einem Gutachter, zu prüfen, ob die Mutter als Betreuerin für die Gesundheitsfürsorge zu bestellen ist.
Hinweis: Gründe, den vom Betreuten mit freiem Willen benannten Betreuer nicht zu bestellen, gibt es nur zwei: Der Betreuer selbst lehnt ab oder er ist objektiv ungeeignet für die Aufgabe.
Quelle: BGH, Beschl. v. 10.01.2024 - XII ZB 217/23
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Ist eine Verheiratete schwanger, und zwar nicht vom Ehegatten, kann dies durchaus einen Grund für eine sogenannte Härtescheidung sein. Im folgenden Fall war dies der Grund für eine Schwangere, um für sich Verfahrenskostenhilfe (VKH) für die Stellung eines Scheidungsantrags zu beantragen. Das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) jedoch lehnte ab. Lesen Sie hier, warum.
Die einzige Möglichkeit, ohne Trennungsjahr unverzüglich geschieden zu werden, ist eine Unzumutbarkeit der weiteren Eheführung. Früher wurde eine solche Unzumutbarkeit in einer Schwangerschaft der Ehefrau von einem anderen Mann gesehen - die letzten positiven obergerichtlichen Entscheidungen dazu sind aber auch schon über 20 Jahre alt (z.B. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.04.2000 - 20 WF 32/00). Auch heutzutage kann ein solcher Umstand Ausschlag dafür geben, das Trennungsjahr auszusparen und früher geschieden zu werden. Die Antragstellerin war hier nicht nur von einem anderen Mann schwanger, sondern trug vor, zudem an Depressionen zu leiden, die ein weiteres Zusammenleben unzumutbar machten. Dennoch lehnte das Familiengericht die VKH ab - es sah schlichtweg keine Aussichten auf Erfolg.
Das OLG schloss sich dieser Auffassung an. Sowohl eine außereheliche Schwangerschaft als auch eine Depressionserkrankung können zwar durchaus Härtefälle darstellen. Auf keinen Fall kann sich aber die Ehefrau selbst darauf berufen, wenn sie den Antrag auf Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres stellt. Denn weder die vorgetragene Depressionserkrankung der Antragstellerin noch die Schwangerschaft seien in der Person des Antragsgegners begründet. Und diese Begründung ist für die Härtefallregelung unverzichtbar. So verweigerte auch das OLG der schwangeren Frau die VKH.
Hinweis: Die Fortsetzung der Ehe muss für den Antragsteller selbst eine unzumutbare Härte darstellen, die in der Person des anderen Ehegatten begründet sind. Das soll verhindern, dass sich der Antragsteller auf eigene gravierende Unzulänglichkeiten berufen kann. Ebenfalls nicht unzumutbar ist ein Abwarten des Trennungsjahres, wenn alle Härten des Zusammenlebens allein schon durch eine räumliche Trennung beendet werden können (beispielsweise bei häuslicher Gewalt).
Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 07.02.2024 - 2 WF 26/24
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Wer psychisch schwer erkrankt ist und deshalb unter gerichtlicher Betreuung steht, ist naturgemäß nicht immer einsichtig - auch was die notwendige Medikamentierung angeht. Welche Möglichkeiten den Betreuern in derartigen Lagen offenstehen und was vor allem dafür an gerichtlicher Vorarbeit zu leisten ist, zeigt das folgende Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH).
Eine 50-Jährige war bereits viele Jahre paranoid und psychotisch. Ihr Medikament schlug nicht mehr an, ein anderes Medikament wollte sie nicht ausprobieren. Deshalb beantragte die Betreuerin eine gerichtliche Genehmigung zur Zwangsbehandlung in einer Klinik, verbunden mit Zwangsunterbringung für zwei Jahre, weil die Dosierung längerfristig erprobt und eingestellt werden müsse. Außerdem bestehe die Hoffnung, dass die Betreute nach einer so langen Behandlung einsichtig genug geworden sei, anschließend ihre Medikamente freiwillig einzunehmen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung psychisch Kranker sind sehr hoch, das ist als Folge ärztlichen Verhaltens im Nationalsozialismus zu verstehen. Allein die Tatsache, dass es vernünftig wäre, eine Langzeittherapie mit einem neuen Medikament zu beginnen, genügt dafür nicht. Auch der psychisch Kranke verdient Respekt vor seinem Willen, solange keine akute, ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten vorliegt. Die Hinweise in der Akte darauf, dass die Betroffene durch ihr Wahnerleben so stark beeinträchtigt sei, dass "sie sich nicht mehr ausreichend selbst versorgen (...), keinerlei Gefahren abschätzen (...) und Dritte bedrohen" könne, genügten dem BGH dafür nicht. Erforderlich wären nähere Feststellungen zur konkreten Art der befürchteten selbstschädigenden Handlungen und der durch sie möglicherweise eintretenden erheblichen Gesundheitsschäden. So gab der BGH die Akte an das Landgericht zurück, um die Antworten zum konkreten Gefährdungsgrad zu ermitteln.
Hinweis: Die Entscheidung zeigt das Grundrecht des Menschen zu selbstschädigendem Verhalten auf.
Quelle: BGH, Urt. v. 17.01.2024 - XII ZB 434/23
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Im folgenden Fall musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) nach dem Amtsgericht Bensberg (AG) über den Umgang mit einem Fünfjährigen entscheiden, dessen Eltern sich noch vor seiner Geburt getrennt hatten. Der Mann, mit dem die Mutter danach zusammenlebte und von dem sie sich nach gut vier Jahren kurz nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes wieder trennte, wünschte sich aber weiterhin Kontakt mit dem Fünfjährigen.
Die Mutter, die wieder mit dem Vater des Fünfjährigen zusammenlebte, verweigerte dem Expartner den Umgang mit seinem einstigen Ziehsohn. Doch auch enge Bezugspersonen können ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben (§ 1685 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch), wenn sie für dieses Kind die tatsächliche Verantwortung tragen bzw. getragen haben und der Umgang dem Wohl des betroffenen Kindes dient. Das AG stellte daher fest, dass der Antragsteller eine ähnlich wichtige Bezugsperson für das Kind wie die leiblichen Eltern sei, da er mit dem Kind über mehrere Jahre in häuslicher Gemeinschaft gelebt und der Junge ihn von Beginn an als "Papa" angesehen habe. Der Bindungsabbruch aufgrund der ablehnenden Haltung der Eltern habe ein solches Maß erreicht, dass sich hieraus eine Gefahr für die Entwicklung des Kindes ergeben könne. Deshalb bestellte das Gericht einen Umgangspfleger, der durchzusetzen habe, dass der Junge in den ungeraden Kalenderwochen von Freitag 15 Uhr bis Montag 9 Uhr und jede Woche dienstags von 15 Uhr bis mittwochs 9 Uhr bei diesem Mann verbringe. Auf die Anhörung des Kindes verzichtete das AG, um den Loyalitätskonflikt nicht zu vertiefen, nachdem die Eltern zum Anhörungstermin des Kindes eine Krankmeldung eingereicht hatten. Die Eltern legten Beschwerde ein und verweigerten in der Zwischenzeit auch die Zusammenarbeit mit der Umgangspflegerin.
Das OLG hob die Entscheidung auf, weil sie nicht ohne die Anhörung des Kindes hätte ergehen dürfen. Das AG hätte sich selbst ein Bild von dem betroffenen Kind machen und notfalls erzwingen müssen, dass die Eltern es dafür zum Gericht bringen - notfalls mit Zwangsgeld oder Zwangshaft. Für das erneute Verfahren beim AG gab das OLG zu bedenken, dass die Umgangsregelung zu großzügig sein könnte, weil sie sich am Üblichen für leibliche Eltern orientierte. Üblich seien stattdessen eher Tagesbesuche. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass zwischen den drei Erwachsenen erhebliche Spannungen herrschen und die Kindeseltern sich vehement gegen einen Umgang ausgesprochen hatten. Es sei daher nur schwer vorstellbar, wie innerhalb eines großzügigen Umgangsrechts erzieherische und organisatorische Absprachen ablaufen sollten.
Hinweis: Anders als der leibliche Vater hat eine "sonstige Bezugsperson" auch während des Umgangs keinerlei Entscheidungsbefugnisse.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.01.2024 - 6 UF 224/23
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Im folgenden Streitfall lag das Familiengericht mit der Regelung außerhalb Europas zum Umgang der Kinder mit ihrem Vater und dessen Zugewinnleistung für die mit den Kindern lebende Mutter nicht gänzlich falsch. Was die nach Gegenwehr der Mutter damit befassten Instanzen - Amtsgericht (AG) und Oberlandesgericht (OLG) - nicht bemängelten, machte der Sache aber vor dem Bundesgerichtshof (BGH) einen Strich durch die Rechnung.
Es standen sich die Zugewinnforderung einer Ehefrau und der Umgangswunsch des Ehemanns mit seinen Kindern gegenüber. Die Kinder lebten mit der Mutter in Peru. Weil sein Umgangsrecht dort schwer durchzusetzen war, machte der Vater die Zahlung des Zugewinnausgleichs in Raten davon abhängig, dass die Umgangsvereinbarung auch tatsächlich klappte: Die jährliche Rate von 20.000 EUR sollte in den nächsten drei Jahren jeweils erst dann fällig werden, nachdem die gemeinsamen Kinder drei Wochen Sommerumgang mit dem Vater in Deutschland gehabt haben. Die Mutter stimmte zu, das Familiengericht protokollierte dies als Vereinbarung und billigte diese im Hinblick auf das Kindeswohl, ohne die Kinder angehört oder das Jugendamt beteiligt zu haben. Dann klagte die Frau auf Unwirksamkeit der Vereinbarung. Weder wollte sie den Vergleich zum Zugewinn akzeptieren noch ein Ordnungsgeld für den Fall riskieren, dass sie den Umgang mit den Kindern vereitelt. AG und OLG gaben ihr nicht recht - doch was sagte der BGH?
Der BGH verwies darauf, dass eine Verknüpfung von Geld und Umgang immer kritisch zu betrachten sei. Kinder dürfen nicht zum Gegenstand eines Handels werden, ihr Wohl darf nicht verkauft werden. Das ist sittenwidrig und wird als unzulässige Kommerzialisierung des Elternrechts beurteilt. Die Gerichte hatten hier zwar keine Zweifel daran, dass der Vater ohnehin ein Recht auf dreiwöchigen Sommerurlaub mit den Kindern habe, und verstanden, dass es ihm nur darum ging, die Lästigkeiten oder Unmöglichkeiten einer Vollstreckung im außereuropäischen Ausland zu beseitigen. Die Vereinbarung hatte daher den Charakter einer Vertragsstrafe. Das wäre bei einem solchen Auslandsfall prinzipiell zwar möglich, weil die Motive nicht kindeswohlwidrig sind. Dennoch sah es der BGH als Problem, dass es kein Umgangsverfahren gegeben hatte, in dem das Kindeswohl geprüft, die Kinder angehört und das Jugendamt beteiligt worden wären. Zudem merkte der BGH an, dass sich das Kindeswohl in den nächsten Jahren ändern und es somit künftig auch gute Gründe geben könne, aus denen der Umgang mit dem Vater in Deutschland nicht stattfinde. Es fehlte eine Regelung dazu, was dann mit dem Zahlungsanspruch der Mutter geschehen solle. Daher kam der BGH nicht umhin, der Mutter recht zu geben und den Vergleich als insgesamt nichtig zu erklären.
Hinweis: Die Entscheidung des BGH führte dazu, dass auch über den Zugewinn neu verhandelt werden musste.
Quelle: BGH, Urt. v. 31.01.2024 - XII ZB 385/23
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Zum Thema Mietrecht
- Basis für Mietpreisbremse: Vermieter muss nicht überprüfen, ob Vormiete rechtlich zulässig war
- Installationspflicht unumgänglich: Bayerischer VGH erklärt Rauchwarnmelder für verfassungsgemäß
- Mieterhöhung: Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete kann nicht auf das Gericht abgewälzt werden
- Rückschnitt einer Hecke: Wer selbst Regeln bricht, kann nach Treu und Glauben von Ansprüchen ausgeschlossen werden
- Vergebliche Wohnungssuche: LG Berlin ordnet befristete Fortsetzung eines Mietverhältnisses an
Die sogenannte Mietpreisbremse in Ballungszentren führt immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Klar ist, dass bei neuem Vertragsabschluss die Vormiete als Basis für die Festlegung der aktuellen Miete dienen soll. Was hier jedoch unklar war: Muss der Vermieter darüber aufklären, ob und dass diese Vormiete als Bemessungsgrundlage bereits zu hoch angesetzt war? Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte hierüber das letzte Wort.
Ein Inkassodienstleister ließ sich von einem Mieter Ansprüche wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Begrenzung der Miethöhe gegen den Vermieter abtreten und verlangte dafür die vermieterseitige Auskunft über die Vormiete. Als sich diese als viel zu hoch erwies (16,66 EUR/m2 statt der ortsüblichen Vergleichsmiete von 7,33 EUR/m2), meinte das Inkassounternehmen, dass der Vermieter seiner Auskunftsverpflichtung nicht nachgekommen sei, da die seinerseits mitgeteilte Vormiete nicht der mieterseitig rechtlich geschuldeten Miete entsprochen habe.
Der BGH meinte dazu, dass es den inhaltlichen Anforderungen der vorvertraglichen Auskunftspflicht genüge, wenn der Vermieter dem Mieter die Höhe der vertraglich vereinbarten Vormiete mitteilt. Keine Verpflichtung treffe ihn über die Angabe der vertraglich vereinbarten Vormiete hinaus, diese auch auf ihre Zulässigkeit nach den gesetzlichen Regelungen zu überprüfen und nur die demnach zulässige Miete mitzuteilen. Der Anspruch auf Mietrückzahlung war hier daher zwar gegeben, fiel aber entsprechend geringer aus als gedacht.
Hinweis: In diesem Fall hatten die Mieter ihren Anspruch an ein Inkassounternehmen abgetreten. Das hat dann versucht, die Ansprüche durchzusetzen. Für Mieter eine verlockende Angelegenheit, da sie häufig nicht mit Kosten belastet werden.
Quelle: BGH, Urt. v. 29.11.2023 - VIII ZR 75/23
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Es gibt sicherlich eine Reihe von Regelungen, die unnütz sind. Die Vorschriften zum Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen gehören sicherlich nicht dazu, denn deren Nutzen sollte eigentlich jedem einleuchten. Da sich zwischen "eigentlich" und "tatsächlich" jedoch des Öfteren einige Lücken auftun, konnte erst der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) diese hier bei einem Eigentümer füllen.
Laut Bayerischer Bauordnung muss in Schlafräumen und Kinderzimmern sowie Fluren, die zu Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens ein Rauchwarnmelder installiert sein. Ein Mann hielt die Vorschrift für verfassungswidrig und berief sich insbesondere auf das Eigentumsrecht, den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung.
Der VGH jedoch hielt die Regelung für durchaus verfassungsgemäß. Erstens war das Eigentumsgrundrecht nicht verletzt. Es werde ein verfassungsrechtlich legitimer Zweck verfolgt - und dessen Zweckerreichung ist in Form der Installation von Rauchwarnmeldern geeignet, erforderlich und vor allem auch verhältnismäßig.
Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird durch die Regelung ebenfalls nicht verletzt. Die Vorschrift begründet lediglich bauordnungsrechtlich eine Verpflichtung zur Installation von Rauchwarnmeldern für den Eigentümer.
Schließlich verstieß die Regelung auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Installation dem Eigentümer auferlegt hat, ist sachlich gerechtfertigt. Der Eigentümer ist grundsätzlich für die Verkehrssicherung verantwortlich und zieht zudem Nutzen aus dem Eigentum. Es ist daher sachgerecht, ihm auch die bauordnungsrechtliche Installationspflicht aufzuerlegen.
Hinweis: Vergleichbare Vorschriften wie die in Bayern gibt es mittlerweile in sämtlichen Bundesländern. Überall wird der Eigentümer oder Vermieter zur Installation der Rauchwarnmelder verpflichtet.
Quelle: Bayerischer VGH, Urt. v. 26.10.2023 - Vf. 6-VII-22
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Will der Vermieter die Miete erhöhen, ist dafür häufig die ortsübliche Vergleichsmiete entscheidend. Wie er diese in Erfahrung bringt, war die Kernfrage des folgenden Falls vor dem Amtsgericht Hamburg (AG). Und eines darf vorweggenommen werden: Sich selbst erklärte das AG schon einmal nicht ohne weiteres als dafür zuständig.
Ein Vermieter wollte die Miete erhöhen und reichte vor dem zuständigen AG einen Antrag auf Einholung eines Gutachtens zur ortsüblichen Vergleichsmiete der von der Mieterin bewohnten Wohnung ein. Dabei ging er im sogenannten selbständigen Beweisverfahren vor. Die eigentliche Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung hatte er dabei jedoch noch nicht erhoben. Mit diesem selbständigen Beweisverfahren kam der Vermieter allerdings nicht weiter.
Das AG war der Auffassung, dass es nicht zulässig sei, vor einem Mieterhöhungsverlangen die ortsübliche Vergleichsmiete im Wege des selbständigen Beweisverfahrens klären zu lassen. Es handele sich nicht um eine zwingend gerichtlich zu entscheidende Rechtsfrage. Diese würde erst dann entstehen, wenn der betreffende Mieter das vermieterseitige Mieterhöhungsbegehren inklusive der vermieterseitig eingeholten Informationen und Argumente verweigern würde. Erst dann dürfe auch die Mieterseite mit den Kostenrisiken eines solchen Verfahrens belastet werden.
Hinweis: Der Vermieter kann also die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht auf das Gericht abwälzen. Er muss schon selbst tätig werden und zumindest ansatzweise versuchen, die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Im Zweifel kann dabei ein Rechtsanwalt helfen.
Quelle: AG Hamburg, Urt. v. 16.01.2024 - 49 H 3/23
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 04/2024)
"Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem and’ren zu" - würde dies stets berücksichtigt werden, wäre der juristische Betrieb ein ruhiges Plätzchen. Da wir aber sind, wie wir nun einmal sind, kommt es zu solchen Fällen wie dem vor dem Landgericht Frankenthal (LG). Hier konnte einer nicht lassen, dem anderen etwas vorzuwerfen, das er selbst auch getan hatte. Und dadurch verwirkte er seinen eigentlich durchaus berechtigten Anspruch.
Es ging um einen Streit zwischen zwei Nachbarn. Direkt entlang der Grundstücksgrenze verlief auf dem Grundstück eines Nachbarn eine 2,20 m hohe Hecke. Sein Nachbar verlangte nun unter Berufung auf das geltende Landesrecht, dass die Hecke auf einer Höhe von maximal 1,5 m gehalten werde.
Grundsätzlich bestätigte das LG, dass Hecken entlang der Grenze eines Grundstücks dem geltenden Nachbarrecht entsprechen müssen. Die Pflanzen dürfen eine bestimmte Höhe nicht überschreiten, und deshalb könne der Nachbar den Rückschnitt auch verlangen. Hier stand dem jedoch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Es musste berücksichtigt werden, dass auch auf dem Grundstück des Klägers direkt hinter dem Zaun eine 3 bis 4 m hohe Kugelhecke und eine etwa 2,5 m hohe Zypresse gepflanzt waren. Dadurch werde ebenfalls gegen das Nachbarrecht verstoßen. Und wer sich selbst nicht regelgerecht verhält, ist nach Treu und Glauben von Ansprüchen gegen seinen Nachbarn ausgeschlossen.
Hinweis: Wer im Glashaus sitzt, sollte also nicht mit Steinen werfen. Die Richter des Falls haben das Recht weit ausgelegt. Interessengerecht könnte es in solchen Fällen auch sein, dass beide Nachbarn ihre Gehölze zu stutzen haben.
Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 24.01.2024 - 2 S 85/23
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Fälle wie den folgenden werden wir den nächsten Jahren sicherlich häufiger erleben. Denn der insbesondere seitens der Politik seit Jahren verschuldete Wohnungsmangel führt dazu, dass Vermieter Räumungsprozesse zwar gewinnen, Mieter aber dennoch in den Räumen bleiben dürfen. Das Gericht im folgenden Fall urteilt regelmäßig in einem der am stärksten umkämpften Ballungsgebiete - das Landgericht in Berlin (LG).
Eine Vermieterin meldete an einer Mietwohnung Eigenbedarf an und kündigte das Mietverhältnis. Die Mieter suchten in der Folgezeit nach einer anderen Wohnung - erfolglos. Schließlich erhob die Vermieterin eine Räumungsklage - erfolgreich. Und nun?
Das LG war der Auffassung, dass der Eigenbedarfsgrund das Mietverhältnis zwar grundsätzlich beendet habe. Trotzdem ordnete es die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren an. Zudem änderte es die bisherigen Vertragsbedingungen von Amts wegen und hob die von den Mietern bisher geschuldete Nettokaltmiete auf ein marktübliches Niveau an. Die Richter stellten darauf ab, dass sich die Mieter nach Ausspruch der Eigenbedarfskündigung über einen Zeitraum von fast zwei Jahren auf eine Vielzahl von Wohnungen im gesamten Berliner Stadtgebiet beworben hatten, jedoch aufgrund der angespannten Lage auf dem dortigen Wohnungsmarkt sowie des nur noch geringen Angebots freier Wohnungen mit ihren Bewerbungen keinen Erfolg hatten.
Hinweis: Das Mietverhältnis bleibt trotz der Anordnung auf Fortsetzung nicht ewig bestehen. Vermieter müssen ihrerseits nur aufpassen, dass es sich nicht faktisch durch ein längeres Verbleiben in der Wohnung fortsetzt, als von der Behörde angeordnet.
Quelle: LG Berlin, Urt. v. 25.01.2024 - 67 S 264/22
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Zum Thema Sonstiges
- Die diplomatische Mission: Demonstration: ja - Projektion auf Botschaftsgebäude: nein
- Frage mit Grundsatzbedeutung: BGH könnte Ladenöffnungs- und Feiertagsgesetz für Apotheken zu Fall bringen
- Kein Schaden, kein Geld: Kein Anspruch auf Ausgleichszahlung, wenn trotz Flugverspätung kein Zeitverlust entsteht
- Pädagogischer Beurteilungsspielraum: Schule darf schlagendem Schüler Teilnahme an Klassenfahrt verweigern
- Wohnsitz im EU-Ausland: Verweigerung von Personalausweis aus EU-Heimatland verstößt gegen Unionsrecht
Selbstverständlich macht die Weltpolitik auch vor deutschen Gerichten keinen Halt. Das Verwaltungsgericht Berlin (VG) musste nicht nur die Demonstrationsfreiheit, sondern auch die staatlichen Pflichten aus dem Wiener Übereinkommen zu diplomatischen Beziehungen in seine Entscheidung miteinbeziehen. Und dabei spielte die "Würde der diplomatischen Mission" und deren Wahrung die entscheidende Rolle.
Ein Verein hatte für den 24.02.2024 zu einer Versammlung vor der russischen Botschaft in Berlin aufgerufen - das Thema war "Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, zwei Jahre seit dem Beginn der Vollinvasion". Dabei wollte der Verein Bilder und Videos auf das Botschaftsgebäude projizieren. Die Polizei Berlin, die keine Bedenken gegen die Versammlung als solche äußerte, untersagte dem Verein jedoch das Anstrahlen des Gebäudes. Dagegen erhob der Verein einen Eilantrag beim VG - vergeblich.
Die geplante Projektion von Bildern und Videos auf Gebäudeteile der Botschaft verletze laut VG die Würde der diplomatischen Mission. Nach dem Wiener Übereinkommen vom 18.04.1961 über diplomatische Beziehungen treffe den Empfangsstaat die besondere Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Räumlichkeiten einer diplomatischen Mission vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen. Auch müsse der Empfangsstaat verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird. Friedliche Demonstrationen vor diplomatischen Vertretungen sind zwar grundsätzlich zulässig - das Anstrahlen der Botschaft mit Bildern und Videos berge jedoch die Gefahr, dass der Mission eine von ihr nicht geäußerte oder gebilligte Meinung unzutreffend zugeschrieben wird. Und eben dies verletze die Würde der Mission.
Hinweis: Und weil alles so eilig war, hat sowohl das Berliner Oberverwaltungsgericht bereits am 21.02.2024 als auch schließlich das Bundesverfassungsgericht am 23.02.2024 den Beschluss des VG auch so bestätigt.
Quelle: VG Berlin, Beschl. v. 20.02.2024 - VG 1 L 57/24
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Ausgerechnet Medikamente dürfen an Sonn- und Feiertagen nicht bis an die Tür geliefert werden. So bleibt Menschen mit dringendem Bedarf dann auch nur der Gang zu den Notapotheken. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hatte auf Betreiben eines Wettbewerbsvereins die Zusammenarbeit eines Apothekers mit einer Lieferdienst-App zu bewerten. Und das warf die generelle Frage auf, wie mit Apothekenöffnungen an Sonn- und Feiertagen generell zu verfahren ist.
Ein Apotheker kooperierte mit einem Apothekenlieferservice. Der Lieferservice betrieb eine App, über die Verbraucher Produkte bestellen konnten, die bei der jeweiligen Apotheke abgeholt und noch am Tag der Bestellung ausgeliefert werden. Der Apotheker nutzte diesen Dienst auch an Sonn- und Feiertagen, doch ein Wettbewerbsverein sah darin ein Problem. Er forderte vom Apotheker gerichtlich eine Unterlassung und die Erstattung von Abmahnkosten, weil der Apotheker gegen das Ladenöffnungs- und das Feiertagsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen verstoße. Es gebe schließlich keine Vorschrift, die Apotheken die uneingeschränkte Befugnis verleihe, an Sonn- und Feiertagen ihre Dienstbereitschaft unabhängig von ihrer Notdiensteinteilung zu versehen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben - die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Hier bleibt es also spannend.
Hinweis: Die Richter haben erkannt, dass es zahlreiche andere Meinungen von Juristen zu diesem Problemkreis gibt und sowohl die Apothekenbetriebsordnung als auch die Ladenöffnungsgesetze der einzelnen Bundesländer hierzu keine abschließende Regelung für Apothekenöffnungen an Sonn- und Feiertage beinhalten.
Quelle: OLG Köln, Urt. v. 12.01.2024 - 6 U 65/23
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Wer einen Schaden erleidet, hat Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Weil es jedoch naturgemäß sehr unterschiedliche Empfindungen geben kann, wann ein Schaden überhaupt auftritt und somit auch ersatzfähig ist, müssen Gerichte entscheiden, ab wann ein infrage stehender Anspruch eintritt. Der Bundesgerichtshof (BGH) wandte sich hier an den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der den erlittenen Schaden durch eine Flugverspätung einschätzen musste.
Zwei Fluggäste hatten einen Flug von Düsseldorf nach Palma de Mallorca gebucht, für den schließlich eine Verspätung von mehr als drei Stunden angekündigt wurde. Daraufhin traten die beiden den Flug mit der gebuchten Maschine erst gar nicht an - der eine blieb gleich zu Hause, der andere buchte auf einen Flug um, der es ihm ermöglichte, mit einer geringeren Verspätung als den drei Stunden am Zielort einzutreffen. Nun wollte der BGH vom europäischen Kollegen wissen, wie sich die Rechtslage in Sachen Ausgleichszahlung verhält. Die Frage: Hatten die beiden überhaupt einen Schaden erlitten, den es zu ersetzen gibt?
Der EuGH sagt: Nein, haben sie nicht. Die Regelung verfolgt den Zweck, Passagiere verspäteter Flüge jenen Fluggästen gleichzusetzen, deren Flüge komplett ausfallen. Ein mehrstündiger Zeitverlust sei nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH schließlich mit dem Ärgernis eines ausgefallenen Flugs vergleichbar. Wenn sich der Fluggast eines mit großer Verspätung angekommenen Flugs aber erst gar nicht zum Flughafen begibt oder sich gleich um einen Ersatz kümmert, der ihm den Zeitverlust verkürzt, hat er keinen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung. Denn ein Schaden des Zeitverlusts könne unter diesen Umständen nicht festgestellt werden.
Hinweis: Hat ein Flugzeug eine Verspätung, spricht grundsätzlich viel dafür, dass der Fluggast eine Ausgleichszahlung erhalten kann. Ob und unter welchen Voraussetzungen das der Fall ist, weiß der Rechtsanwalt.
Quelle: EuGH, Urt. v. 25.01.2024 - C-474/22
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Immer häufiger haben sich Gerichte mit schulinternen Angelegenheiten zu beschäftigen. Doch nicht alles, was subjektiv beklagenswert erscheint, ist es auch im rechtlichen Sinn. Denn dass Schulen ihre Schüler nach Verstößen sanktionieren dürfen, unterliegt einem gewissen Ermessungsspielraum. Dieser hat natürlich auch Grenzen - im Fall des Verwaltungsgerichts Berlin (VG) waren diese jedoch nicht berührt.
Ein Junge besuchte die 9. Klasse einer Oberschule in Berlin-Spandau. Nachdem der Schüler bereits mehrfach auffällig geworden war, schlug er im Dezember 2023 schließlich einem Mitschüler mit der flachen Hand ins Gesicht. Die Klassenkonferenz beschloss daraufhin, den Jungen von einer bevorstehenden Skifahrt nach Südtirol auszuschließen. Dagegen gingen der Schüler und seine sorgeberechtigte Mutter gerichtlich vor. Sie meinten, die Maßnahme sei unverhältnismäßig - außerdem diene eine Klassenfahrt gerade auch der Pflege der sozialen Kontakte, was bei der Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden habe.
Das sah das VG allerdings anders und wies den Eilantrag zurück. Wer einem Mitschüler ins Gesicht schlage, dürfe durchaus von einer Klassenfahrt ausgeschlossen werden. Bei der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme komme der Schule nämlich ein gewisser pädagogischer Beurteilungsspielraum zu, der nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle unterliege. Und nach exakt diesem Maßstab war die Entscheidung gerichtlich auch nicht zu beanstanden.
Hinweis: Gegen den Beschluss kann noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Entscheidung richtig ist. Wer Gewalt anwendet, muss Konsequenzen befürchten.
Quelle: VG Berlin, Beschl. v. 24.01.2024 - 3 L 61.24
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Ob Menschen, die im EU-Ausland wohnen, einen Anspruch auf einen Personalausweis aus ihrem EU-Heimatland haben, musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Anfrage eines rumänischen Gerichts prüfen.
Ein rumänischer Rechtsanwalt hatte seit 2014 seinen Wohnsitz in Frankreich und war beruflich sowohl in Rumänien als auch in Frankreich tätig. Dann beantragte er bei den rumänischen Behörden die Ausstellung eines Personalausweises, der zugleich ein Reisedokument darstellt. Dieser Antrag wurde von der zuständigen rumänischen Behörde allerdings mit der Begründung abgelehnt, dass er seinen Wohnsitz im Ausland habe und die dortige Wohnadresse nicht einfach zu überprüfen sei. Das zuständige rumänische Gericht fragte nun beim EuGH nach, ob die Entscheidung der rumänischen Behörde gegen Unionsrecht verstoßen habe.
Der EuGH urteilte eindeutig: Es verstößt gegen EU-Recht, wenn ein Mitgliedstaat einem seiner Staatsangehörigen die Ausstellung eines als Reisedokument geltenden Personalausweises zusätzlich zu einem Reisepass allein deshalb verweigert, weil er seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat. Dies würde sonst eine unzulässige Beschränkung der EU-Freizügigkeit darstellen und die Gleichbehandlung der in einem anderen Mitgliedstaat lebenden mit den im Inland wohnenden Staatsangehörigen unterlaufen. Denn wenn es in Rumänien lebenden Staatsbürgern ohne weiteres möglich ist, sowohl einen Reisepass als auch Personalausweis zu beantragen, muss dies Rumänen auch möglich sein, die im EU-Ausland wohnen.
Hinweis: Natürlich gilt dieses Urteil nur für EU-Bürger. Menschen aus Ländern außerhalb der EU können sich nicht auf dieses Urteil berufen.
Quelle: EuGH, Urt. v. 22.02.2024 - C-491/21
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 04/2024)